Vorbeugender Brandschutz
Brandschutz am Bau bedeutet den Schutz von Leben, Gesundheit und die Sicherung wirtschaftlicher Güter. Daher ist vorbeugender Brandschutz, der die Entstehung und Ausbreitung eines Brandes verhindert und die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten ermöglicht, wichtigste Voraussetzung. Bestimmungen über den vorbeugenden Brandschutz finden sich daher in den Landesbauordnungen, den dazugehörigen Durchführungsverordnungen sowie einer Reihe von Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Der vorbeugende Brandschutz gliedert sich in:
- Anlagentechnischen Brandschutz
- Organisatorischen Brandschutz
- Baulichen Brandschutz
Anlagentechnischer Brandschutz
Alle technischen Einrichtungen und Anlagen die zur Verbesserung des Brandschutzes dienen gehören dazu. Als Beispiel sei das Vorhanden sein brandbekämpfender Anlagen (z.B. Sprinkleranlagen, Feuerlöschern und Brandmeldeanlagen) genannt. Aber auch die Reduzierung der Brandlast bei Installationen bezüglich Material und der Gestaltung von Durchbrüchen mit Brandschotts ist Rechnung zu tragen. Zuletzt helfen sichernde Anlagen wie z.B. selbstschließende Rauch- und Brandschutztüren und Leiteinrichtungen der Fluchtwege dazu.
Organisatorischer Brandschutz
Hierzu gehören die Erstellung von Alarm- und Fluchtplänen und das richtige Verhalten nach Ausbruch eines Brandes. Der Umgang mit brennbaren Stoffen und Feuerquellen kann geschult werden. Wenn nötig, kann die Bestellung ausgebildeter Brandschutzbeauftragen sinnvoll sein.
Baulicher Brandschutz
Aus den allgemeinen Vorgaben resultieren für den baulichen Brandschutz konkrete Anforderungen an:
- das Brandverhalten (die Brennbarkeit der verwendeten Baustoffe und Bauteile),
- die Feuerwiderstandsdauer nach Klassen der Bauteile,
- die Brandausbreitung,
- die Dichtheit der Verschlüsse von Öffnungen,
- die Anordnung, Lage und Gestaltung der Rettungswege.
Brandverhalten
Das Brandverhalten wird in Europa und Deutschland geregelt in der DIN EN 13501, die für alle neu zugelassenen Baustoffe gilt. Parallel dazu ist in Deutschland noch die Normenreihe der DIN 4102 gültig. In einigen Punkten gibt es zwischen den Normen erhebliche Abweichungen bzw. Überschneidungen. Daher ist erwartbar, dass die deutsche und europäische Klassifizierung noch über einen längeren Zeitraum koexistent sind.
Die Verwendung von leichtentflammbaren Baustoffen ist generell untersagt. Dabei ist zu beachten, dass das Brandverhalten im eingebauten Zustand zu beurteilen ist. Zum Beispiel ist eine abgerollte Tapete leicht entflammbar, aufgeklebt an der Wand jedoch nicht ohne weiteres entzündbar.
Deutsche bauaufsichtliche Benennung | Zusatzanforderung | Baustoffklasse DIN EN 13501-1 | Baustoffklasse DIN 4102-1 |
Prüfnorm | |
---|---|---|---|---|---|
Keine Rauchentwicklung | kein brennendes Abtropfen/Abfallen | ||||
Nichtbrennbar, ohne Anteile von brennbaren Baustoffen | X | X | A1 | A1 | EN ISO 1182, EN ISO 1716 EN ISO 9239 |
Nichtbrennbar, mit Anteilen von brennbaren Baustoffen |
X | X | A2 – s1 d0 | A2 | EN ISO 1182, EN ISO 1716 EN ISO 9239 |
Schwerentflammbar | X | X | B, C – s1 d0 | B1 | EN ISO 9239-1 |
X | A2, B, C – s2 d0 | ||||
X | A2, B. C – s3 d0 | ||||
X | A2. B. C – s1 d1 | ||||
X | A2, B. C – s1 d2 | ||||
A2, B, C – s3 d2 | |||||
Normalentflammbar | X | X | D – s1 d0 | B2 | EN ISO 9239-1 |
X | D – s2 d0 | ||||
X | D – s3 d0 | ||||
X | D – s1 d2 | ||||
D – s2 d2 | |||||
D – s3 d2 | |||||
X | E | EN ISO11925-1 | |||
E – d2 | |||||
Leichtentflammbar | F | B3 | keine Prüfung |
Baustoffklasse DIN EN 13501-1 | Kriterium |
---|---|
A1 | Nichtbrennbar, diese Bauprodukte liefern in keiner Phase des Brandes einen Beitrag |
A2 | Nichtbrennbar bis schwerentflammbar, diese Baudprodukte widerstehen der Beanspruchung durch einen Wärmestrom und leisten unter den Bedingungen eines voll entwickelten Brandes keinen wesentlichen Beitrag zur Brandlast und dem Brandanstieg |
B, C | Schwerentflammbar, Bauprodukte der Klassen B und C halten der Beanspruchung durch eine kleine Flamme stand und widerstehen der Beanspruchung durch einen Wärmestrom |
D | Normalentflammbar, Bauprodukte der Klasse D halten der Beanspruchung durch eine kleine Flamme stand und widerstehen der Beanspruchung durch einen Wärmestrom |
E | Normalentflammbar, Bauprodukte der Klasse E halten der Beanspruchung durch eine kleine Flamme stand |
F | Leichtentflammbar, diese Bauprodukte sind leicht entflammbar ohne Leistungskriterium |
Ergänzende Kurzzeichen | Kriterium | Kurzzeichen der Unterklassen |
Bedeutung |
---|---|---|---|
s (smoke) | Anforderung an die Rauchentwicklung | S1 | keine/kaum Rauchentwicklung |
S2 | begrenzte Rauchentwicklung (Sichtbehinderung) | ||
S3 | unbeschränkte Rauchentwicklung (starke Sichtbehinderung) | ||
d (droplets) | Anforderung bzgl. brennendes Abtropfen/Abfallen |
d0 | kein Abtropfen/Abfallen |
d1 | begrenztes Abtropfen/Abfallen (bis 10 Sek. Test 10 Min.) | ||
d2 | starkes Abtropfen/Abfallen, (über 10 Sek. Test 10 Min.) |
Begriffe nach DIN 4102-1
- nichtbrennbar (Klasse A unterteilt in A1 und A2, Baustoffe ohne und mit brennbaren Anteilen)
- brennbar (Klasse B unterteilt in B1 schwer-, B2 normal-, B3 leichtentflammbar)
Auch nach DIN 4102 werden weitere Kriterien wie Rauchentwicklung und brennendes Abtropfen/Abfallen berücksichtigt und in Klassen eingeteilt. Die Ergebnisse sind allerdings nicht durch Kennzeichnung ersichtlich, sondern ausschließlich im Prüfbericht und dem Verwendbarkeitsnachweis festgehalten.
Feuerwiderstand
Wie beim Brandverhalten stehen die Normen DIN 4102 und DIN EN 13501 gleichberechtigt nebeneinander und haben Gültigkeit. Eine vollständige Vergleichbarkeit der Feuerwiderstandsklassen nach deutscher und Europäischer Norm ist aufgrund unterschiedlicher Prüf- und Beurteilungskriterien jedoch nicht möglich. Zwar kann europäisch geprüft und klassifiziert werden, die Verwendbarkeit ist aber nach wie vor national geregelt. Daher ist es von großer Bedeutung in der Koexistenzphase alle Anforderungen eindeutig festzulegen und zu beschreiben. Als Auszug einer Vielzahl von Möglichkeiten ist nachfolgend die Klassifizierung von Brandschutzverglasungen als Pfosten-Riegelkonstruktion dargestellt und erläutert.
Feuerwiderstandsdauer in Minuten |
Deutsche bauaufsichtliche Benennung für F-Verglasungen |
Feuerwiderstandsklasse nach DIN 4102 | Feuerwiderstandsklasse nach DIN EN 13501 |
|||
---|---|---|---|---|---|---|
F-Verglasungen |
G-Verglasungen | E-Verglasungen | EW-Verglasungen | EI-Verglasungen | ||
≥ 15 | E-15 | EI-15 | ||||
≥ 20 | EW-20 | EI-20 | ||||
≥ 30 | feuerhemmend | F-30 | G-30 | E-30 | EW-30 | EI-30 |
≥ 45 | E-45 | EI-45 | ||||
≥ 60 | hochfeuerhemmend | F-60 | G-60 | E-60 | EW-60 | EI-60 |
≥ 90 | feuerbeständig | F-90 | G-90 | E-90 | EI-90 | |
≥ 120 | hochfeuerbeständig | F-120 | G-120 |
Begriffe nach DIN 4102
F-Verglasungen:
Verglasungen in senkrechter, geneigter oder waagerechter Anordnung, die dazu bestimmt sind, entsprechend ihrer Feuerwiderstandsdauer nicht nur die Ausbreitung von Feuer und Rauch, sondern auch den Durchtritt von Wärmestrahlung zu verhindern.
G-Verglasungen:
Verglasungen in senkrechter, geneigter oder waagerechter Anordnung, die dazu bestimmt sind, entsprechend ihrer Feuerwiderstandsdauer nur die Ausbreitung von Feuer und Rauch zu verhindern. Der Durchtritt von Wärmestrahlung wird lediglich behindert.
Feuerhemmende Verglasung:
Mindestanforderung F 30; strahlungsundurchlässige F-Verglasung mit einer Mindeststandzeit von 30 Minuten nach DIN 4102-13.
Feuerbeständige Verglasung:
Mindestanforderung F 90; strahlungsundurchlässige F-Verglasung mit einer Mindeststandzeit von 90 Minuten nach DIN 4102-13.
“Feuerwiderstandsfähige“ Verglasung:
Feuerwiderstandsfähig werden Brandschutzverglasungen bezeichnet, die einen Raumabschluss gemäß DIN 4102-13 gewährleisten, jedoch strahlungsdurchlässig sind und somit die bauaufsichtliche Benennung “feuerhemmend“ bzw. “feuerbeständig“ keine Anwendung findet. Hierzu zählen alle G-Verglasungen.
Begriffe nach DIN 13501
E (Étanchéité / Raumabschluss):
Bauteil mit raumabschließender Funktion mit der Fähigkeit einer Brandbeanspruchung von nur einer Seite zu widerstehen. Eine Übertragung des Brandes, Hindurchtreten von Flammen oder heißer Gase, die eine Entzündung der feuerabgewandten Seite oder benachbarten Materials zur Folge hätte, wird verhindert.
W (Radiation/ Strahlungsminderung):
Die Fähigkeit eines Bauteils mit raumabschließender Funktion, einer Brandbeanspruchung von nur einer Seite zu widerstehen, dass die auf der feuerabgewandten gemessene Hitzestrahlung für einen gewissen Zeitraum unterhalb eines bestimmten Wertes bleibt.
I (Isolation / Isolation):
Die Fähigkeit eines Bauelementes einseitiger Brandbeanspruchung zu widerstehen und den Brandübertritt zu verhindern. Die Wärmestrahlung wird dabei soweit reduziert, dass für den betreffenden Klassifizierungszeitraum eine ausreichend starke Hitzebarriere zum Schutz von Menschen gewährleistet ist.
Richtung der Brandbeanspruchung
Vorhangfassaden als nichttragende äußere Wände oder auch die Nutzung von Brandschutzverglasungen als innere Trennwände können von beiden Seiten durch den Brand beansprucht werden. Dabei wird stets von einer einseitigen Brandbeanspruchung, jedoch unabhängig von der Richtung geprüft. Bei Prüfungen nach DIN 4102 ist dies aus den Verwendbarkeitsnachweisen ersichtlich. Gemäß DIN EN 13501 wird die Richtung der klassifizierten Feuerwiderstandsdauer durch Kürzel beschrieben:
“i →
o“ / innen – außen
“i ←
o“ / außen – innen
“i ↔
o“ / innen und außen
Brandausbreitung
Brandausbreitung entsteht in den meisten Fällen bei mehrgeschossigen Bauten durch Feuerüberschlag von unten nach oben. Feuerschutzmaßnahmen wie Brandabschnitte und die Verwendung von nicht brennbaren Materialien reduzieren die Gefahren. So kann z.B. ein Brandschutzstreifen oder Brandriegel aus nichtbrennbarer Mineralwolle im Geschossübergang die Ausbreitung des Brandes erschweren. Die Klassifizierung der Brandausbreitung erfolgt anlog zum Feuerwiderstand.
Dichtheit der Verschlüsse von Öffnungen
Neben dem Feuerwiderstand des Gebäudes selbst spielt der Widerstand von Verschlüssen und Öffnungen eine entscheidende Rolle im Brandschutz, die jeweils speziellen Regelwerken unterliegen. Beispielhaft seinen hier Rauch- und Brandschutztüren, Rauchklappen, Absperrvorrichtungen in Lüftungsleitungen sowie Schott bei Durchbrüchen und Kabelschächten genannt.
Anordnung, Lage und Gestaltung der Rettungswege.
Rettungswege dienen der abwehrenden Brandbekämpfung bei Feuerwehreinsätzen. Gleichzeitig dienen diese als Flucht- und Evakuierungswege. Regellungen dazu finden sich im Bauordnungsrecht und ergänzenden Erlassen und Beschlüssen. Je nach Nutzung und Gefahrenpotenzial sind die Anforderungen definiert.